zurück zum Anfang

über den Film

die Gegend

die Menschen

Offtext

die Crew

Stipendien-Anbieter

Spanisch lernen?

Film kaufen

 



 

 

 

Anmerkung des Autors

Jens Inti Habermann über Entwicklungszusammenarbeit im Allgemeinen, seinen Film und Paramita (aus einem Vortrag an der Medienakademie Potsdam-Babelsberg):

 

"...wir gehen mit fertigen Konzepten hin und wollen die Verhältnisse vor Ort verändern, dabei gehen wir selbstverständlich von uns aus, was anderes bleibt ja auch kaum übrig. Ich habe zum Beispiel vor kurzem in einem neuen Handbuch für Entwicklungshelfer gelesen, dass den Dorfbewohnern in Entwicklungsländern viele Hühner und kleinere Schweine abhanden kommen, weil die Tiere nicht eingezäunt werden. Das Problem, so wurde geschrieben, sei unnötig und könne leicht durch die Konstruktion eines billigen Zauns gelöst werden:

 

Ich hatte im Zuge der Dreharbeiten die Gelegenheit, zwei Monate in einem solchen Dorf zu leben, unter Bedingungen, die denen der ärmeren Dorfbevölkerung um nichts nachstanden. Als ich wenige Stunden nach meinem Einzug Teller und Wäsche wusch, Produkte auspackte, kochte und Essensreste produzierte, bemerkte ich Folgendes: Ich hatte mir über die Abfallbeseitigung noch keine Gedanken gemacht und es waren 30 Grad. Aus Respekt vor dem einheimischen Ungeziefer entschloss ich mich, sämtlichen organischen Müll zu einem Haufen im Garten zusammenzutragen und das Zeug mithilfe des restlichen Mülls und Öl aus den Lampen anzuzünden. Allerdings hatte ich vergessen, den großen Topf mit Essensresten aus der Küchenhütte zu entleeren. Ich verließ das Grundstück. Und als ich nach ungefähr 20 Minuten zurückkam, lag der Topf leer vor der Waschküche und ich konnte gerade noch erkennen, wie sich eine freilaufende Schweinefamilie schleunigst von Dannen machte.

 

Am nächsten Morgen gab es Frühstück bei einer Nachbarin. Als wir mit dem Essen fertig waren, warf sie alle Essensreste auf den Boden und die Hunde räumten auf. Ich dachte an die Einzäun-Passage im Handbuch. Denn es waren freilaufenden Hühner und Schweine, die das Dorf zusammen mit den Hunden permanent säuberten und Ungeziefer fernhielten. (Den Restmüll habe ich, wie alle anderen Dorfbewohner auch, jeden Abend im Straßengraben abgefackelt. Das ist genau das, was in Mexiko auf einer Mülldeponie auch geschehen wäre.)

 

Es stimmt aber schon, dass einige der Tiere durch die legere Haltungsweise abhanden kommen: Von den knapp 30 Hühnern meiner Nachbarin war es ein einziges während der ganzen zwei Monate meines Aufenthalts. (Ich hatte es versehentlich gegessen, weil ich es mit einen von meinen verwechselte.)

Aber schon wenn man bedenkt, dass die Tiere durch das Müllbeseitigungssystem weder gefüttert noch sauber gehalten werden müssen, ist der Verlust kostenmäßig viel geringer als die Zaun-Variante.

 

Die Opportunitäskosten der vorgeschlagenen Veränderung der Tierhaltung von freilaufend zu eingezäunt wären hohe Kosten für den Tierhalter und Ungeziefer, Krankheit, Gestank im Dorf. Jetzt könnte man als Außenstehender natürlich argumentieren, dass die Einheimischen ihre Tiere ja einzäunen könnten und den organischen Müll eben dann nicht mehr auf die Straße zu werfen haben. Das stimmt zwar, aber dabei ist kein Vorteil zu sehen, im Gegenteil: Man hätte zusätzliche Arbeit und müsste mehr Futter kaufen.

 

Die Volkswirtschaftslehre erklärt und analysiert Entscheidungen der Gesellschaft zur Produktion und zum Konsum mittels Isoquanten bzw. Indifferenzkurven, Transformationskosten, Opportunitätskosten und vielen weiteren Modellen.

Für die Haushaltstheorie ist dabei die Nutzentheorie von entscheidender Bedeutung: Unter Nutzen ist alles zu verstehen, was zur Befriedigung der Bedürfnisse materieller und immaterieller Art vorteilhaft beiträgt. Letztendlich laufen diese Analysen darauf hinaus zu erklären, wie ein Haushalt seinen Nutzen logischerweise und automatisch maximieren wird, wenn er rational handelt. Rational heißt z.B.: Wenn der Haushalt Möglichkeit A der Möglichkeit B vorzieht und B der Möglichkeit C, dann wird er natürlich auch A besser finden als C. (Und ferner wird er sich für D entscheiden, wenn ihm A genauso gut gefällt wie D, ich ihm aber sage, dass ich bei D noch einen oder eine Million Dollar drauflege.)

 

Diese Fähigkeiten des rationalen Handelns aber scheinen die meisten Experten den Nutznießern (einheimische, vom Entwicklungshilfeprojekt betroffene Bevölkerung) abzusprechen. Wie anders sollte man sich auch sonst erklären, dass es zwar besser ist (sein muss!), Tiere einzuzäunen, die Dorfbevölkerung aber den anderen Weg wählt. Ein weiterer Schluss natürlich wäre, dass die Einheimischen nur so handeln, weil sie sich einen Zaun nicht leisten können (, auch wenn Zäune ansonsten überall verbaut werden): Also baut man ein kleines Nebenprojekt „Zaunmaterialherstellung“ auf und ärgert sich anschließend darüber, dass die dummen Bauern den doch fast geschenkten Zaun nicht kaufen wollen, weil sie offenbar zu faul sind, ihre Tiere einzuzäunen.

 

Man würde dann im Zaunmaterialherstellungs-Projektprüfbericht eine Ausdehnung des Projekts wie folgt vorschlagen: „Den Anpassungshemmnissen der Subsistenzwirtschaft in ländlichen Produktionsstrukturen kann durch integrierte Schulungsprogramme begegnet werden.“ (Noch leistet der Kleinbauer zwar Widerstand, kriegen wir aber schon hin.)

 

Aber selbst dort, wo man durch neue Technologie tatsächlich etwas zum Guten verändern könnte, werden durch übereilte und unvorsichtige Planung Situationen geschaffen, durch die die Nutznießer im Endeffekt schlechter gestellt werden als vorher.

 

Der bekannte Entwicklungsexperte und Autor Dr. Toni Hagen evaluierte seit den 60er Jahren rund 230 Projekte in allen Kontinenten. Bei 94% der untersuchten erfolglosen Projekte wurde wirtschaftswidrige Konzeption als Ursache des Scheiterns ausgemacht. Seine Aufzeichnungen belegen, dass sich Fehlleistungen in der Entwicklungshilfe stets wiederholen.

 

Jetzt fragt man sich natürlich, warum das so ist und ich habe dabei festgestellt, dass sich offene Aussprachen zur Untersuchung des Misserfolgs bei Projekten als schwierig gestalten und Erfahrungen diesbezüglich kaum weitergegeben werden. Das ist natürlich auch zu verstehen, denn zum einen zieht ein Misserfolg unangenehme persönliche Konsequenzen der Verantwortlichen und im Falle von NROs auch einen Rückgang der Spendenfreudigkeit nach sich. Zum anderen ist man darauf bedacht, die guten Beziehungen zum Empfängerland durch Negativschlagzeilen nicht zu gefährden.

 

So werden bei etwa 80% der weniger erfolgreichen Projekte „ungünstige Rahmenbedingungen“ als Ursache genannt, im Bereich der UNO gilt der Grundsatz, dass ein Projekt solange als Erfolg gewertet wird, bis ein Gegenbeweis erbracht ist und die Weltbank evaluiert ihre Projekte selbst.

 

Für die Öffentlichkeit zugängliche Projektberichte durchlaufen in diesen Organisationen vorab einen Prozess, bei dem sie in mehreren Stufen routinemäßig systematisch bereinigt werden. Dringen doch einmal unangenehme Realitäten nach draußen, so geht dies meist von Mitarbeitern aus, die für bestimmte projektspezifische Aufgaben einen befristeten Vertrag hatten und nach Beendigung ihrer Mitarbeit "auspacken".

 

Des Weiteren herrscht in staatlichen Institutionen und bei deren Kooperationspartnern Mittelabflusszwang. Das heißt, dass nicht ausgegebenes Geld zurückgegeben werden muss. Wenn das passiert, so wird es gesehen,  haben die Mitarbeiter offenbar zu wenig geleistet. Als Folge dessen wird das Budget der zurückgebenden Institution gekürzt.

 

Also wird man lieber große und teure Projekte noch schnell bewilligen, als nicht ausgegebenes Geld zurückgeben zu müssen. Denn selbst ein fatal fehl geplantes Projekt ist immer noch besser als die Schmach, offensichtlich nicht genügend Geld zu absorbieren.

In Bezug auf die Bundesrepublik Deutschland kommt erschwerend hinzu, dass seit der Gründung des BMZ 1961 die alleinige Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes für die deutschen auswärtigen Beziehungen aufgehoben ist und seither eine ausgeprägte Rivalität zwischen beiden Häusern besteht.

 

Was teure Entwicklungsprojekte betrifft, so halte ich mich an die Worte von Julius Nyerere, dem Ex-Präsidenten von Tansania:

„Die Entwicklung eines Landes wird durch Menschen bewirkt, nicht durch Geld. Geld und Wohlstand…sind das Ergebnis und nicht die Grundlage der Entwicklung. Die vier Voraussetzungen für Entwicklung sind vielmehr Menschen, Land, vernünftige Politik und gute Führerschaft“

 

Was die übrige Entwicklungshilfe betrifft, so lässt sich feststellen, wird im Durchschnitt mehr Schaden angerichtet als Nutzen gestiftet.

Die wirklich erfolgreichen Projekte (s. Projekterfolg) sind klein und werden von NGOs durchgeführt. Die Gründe liegen zum einen im wirklichen Engagement der NGO-Leitung, zum anderen im fehlenden Mittelabflusszwang und der relativ kleinen Summen deren Ausgabe relativ leicht zu steuern und zu kontrollieren ist.

 

Projekterfolg:

Inwieweit Erfolg am Projekt gemessen und kritisiert werden kann, hängt von den Kriterien ab, die dabei zugrunde gelegt werden. Ich führe dazu ein in der Praxis weit verbreitetes Beispiel für Kriterien zur qualitativen Beurteilung von Entwicklungsprojekten an:

Für die Bewertung des Projekterfolgs ist die Analyse dreier Hauptaspekt notwendig:

 

 - Die Wirkung des Projekts auf die Zielgruppe

 - Die Effizienz bei der Durchführung in Bezug auf Organisation und Technik

 - Externe Effekte

 

Sehr erfolgreich

a)        Das Los der Zielgruppen konnte merklich verbessert werden: Arbeitsplätze, Einkommen, Kapitalbildung an der Basis, Bildung von Selbsthilfegruppen mit mannigfachen Initiativen zur lokalen Entwicklung; Auslösung eines breit gefächerten und anhaltenden Entwicklungsprozesses von der Basis auf Grund von Selbsthilfe.

b)        Grosse Zahl von Nutznießern, insbesondere von Entwicklungsnutznießern. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis zwischen Nutznießern und Investitionen ist günstig, zum Beispiel pro Kopf nicht über 20 bis 25 US-Dollar Fremdfinanzierung.

c)        Die Wirkung hält an, auch nach Beendigung der Fremdfinanzierung und nach Abzug der fremden Experten und Entwicklungshelfer.

d)        Das Projekt hat zusätzlich einen Schneeballeffekt ausgelöst (Multiplikator­effekt). Das Projekt besteht nicht nur weiter nach Übergabe und Beendi­gung der Fremdfinanzierung, sondern es breitet sich zudem ohne weitere Fremdfinanzierung aus.

 

Erfolgreich

Gleiche Resultate erreicht, wie oben unter «sehr erfolgreich» a, b und c defi­niert, jedoch wird ohne weitere Fremdfinanzierung kein Schneeballeffekt aus­gelöst

 

Nützlich

Die für die Zielgruppen vorgesehene Deckung der materiellen Grundbedürf­nisse konnte erreicht werden (zum Beispiel Trinkwasserversorgung). Doch wurde dabei kein Entwicklungsprozess ausgelöst. (Von einem solchen könnte man erst dann sprechen, wenn die Nutznießer auch später beispielsweise für den Unterhalt der im Rahmen des Projektes installierten Handpumpen sorgen würden.)

Viele Projekte, die unmittelbar nach Projektabschluss als «nützlich» be­zeichnet werden konnten, erweisen sich einige Jahre später als weit weniger nützlich. Sie können sich sogar in «schädliche» umwandeln, wenn beispiels­weise durch die Trinkwasserversorgung eine Übernutzung der Grundwasser­vorräte eingeleitet wird.

 

Geringe Wirkung

Gewisse Verbesserungen für die Zielgruppen konnten erreicht werden, doch stehen diese in keinem Verhältnis zum Aufwand (hohe Pro-Kopf-Fremdfinan­zierung). Im Vergleich zum Aufwand ist die Zahl der Nutznießer gering.

 

Nutzlos

Nach Beendigung des Projektes oder nach einigen Jahren sind keine positiven Wirkungen des Projektes mehr sichtbar; es kann nicht festgestellt werden, ob gewisse positive Entwicklungen im Projektgebiet nicht auch ohne die Projekt­aktivitäten stattgefunden hätten.

 

Fragwürdig­ - nützlich/schädlich

Gewisse Verbesserungen konnten erreicht werden, doch mussten diese erkauft werden mit gleichzeitigen schädlichen Wirkungen oder zumindest mit Teilwir­kungen, welche den Projektzielen oder dem Entwicklungshilfegesetz wider­sprechen. Dies gilt zum Beispiel für Grundwasserbrunnenprojekte, mit wel­chen einige zehntausend Menschen mit Wasser versorgt werden konnten, je­doch bei gleichzeitiger Übernutzung der Grundwasservorräte. Damit wird auf lange Sicht die Wasserversorgung gefährdet.

Zugleich nützlich und schädlich sind auch die meisten Nothilfeprogramme mit Grundnahrungsmitteln. Kurzfristig können zwar Menschen gerettet wer­den, langfristig wird ihnen jedoch durch Konkurrenzierung der lokalen Pro­duktion (Preisdruck) und durch die Einführung neuer Essgewohnheiten Scha­den zugefügt. Dies gilt praktisch für alle Food-for-work-Programme, in denen die Menschen völlig abhängig werden vom fremden Brotkorb - bei gleichzei­tiger Überschwemmung des lokalen Marktes mit billigen importierten Nahrungsmitteln.

 

Schädlich

Das Projekt hat dem betreffenden Gebiet und den Zielgruppen langfristigen Schaden zugefügt: Abbau von Arbeitsplätzen, Förderung der Landflucht; Zer­störung der traditionellen Sozialstrukturen, ohne gleichzeitig eine positive Al­ternative zu bieten; Förderung der Umweltschäden: Abholzung, Boden­erosion, Übernutzung der Grundwasservorräte; Paralysierung des Willens zur Selbsthilfe; Förderung der Abhängigkeit von außen (Nahrungsmittelhilfe).

 

Sehr schädlich

Durch die Projekttätigkeit wurde der Zielgruppe oder der Bevölkerung des Projektgebietes die Lebensgrundlage entzogen oder zerstört (zum Beispiel durch Umweltzerstörung, Konkurrenz und Ruin des lokalen Handwerks und anderer lokaler Erwerbsmöglichkeiten) - ohne irgendwelchen Ersatz für die­sen Verlust zu bieten. Die «Nutznießer» verarmen durch das Projekt und werden völlig abhängig von der Wohltätigkeit. Die traditionellen Familien­strukturen werden zerstört, ohne durch gleichwertige oder bessere Strukturen ersetzt zu werden.

 

Unbestreitbar besteht der Sinn von volkswirtschaftlichen Aktivitäten darin, die „Lebensqualität“ der Gesellschaft zu erhöhen. Und ein wesentlicher Faktor dabei ist der Grad an „Glücklichkeit“ innerhalb der Bevölkerung. Unglücklicherweise ist Lebensqualität also nicht so umfassend quantifizierbar, wie es dem Begriff gerecht werden würde.

 

Deshalb wird eine Hilfskonstruktion zur Messbarkeit der Lebensqualität über den „Wert des Konsums“ unternommen. Demnach bestünde der Sinn von volkswirtschaftlichen Aktivitäten, also auch von Projekten in Entwicklungsländern darin, den Wert des gesellschaftlichen Konsums, also den Nutzen des Ge- und Verbrauchs, im Laufe der Zeit zu maximieren. (Das Konsumieren bezieht sich gleichermaßen auf handelbare und nicht-handelbare Güter, wie z.B. eine saubere Umwelt, Gesundheit und dergleichen.)

 

Den Wert des Konsums zu erhöhen heißt schlichtweg, Technischen Fortschritt zu erzeugen. Ein modernes Dampfbügeleisen stiftet ohne Zweifel mehr Nutzen als eines aus den 50er Jahren. Die alles entscheidende Frage ist aber: Sind wir heute mit unserem Bügeleisen glücklicher als die Leute mit ihren vor 50 Jahren?

 

Die Antwort lautet nein. Wenn man den Menschen um 1950 allerdings unser heutiges Dampfbügeleisen gebracht hätte, dann wären sie schon zunächst etwas glücklicher gewesen als vorher. Aber nachdem sie sich an den neuen Umstand gewöhnt hätten, wären sie wieder zurück auf ihr altes „Glücklichkeitsniveau“ gefallen (und hätte man ihnen nach einem Jahr wieder alle neuen Bügeleisen weggenommen und die alten zurückgegeben, wären sie anschließend frustriert und unzufrieden).

 

Unbestreitbar ist aber auch, dass jemand, der bessere und mehr Güter hat als sein Nachbar auch glücklicher ist als der. Der Mensch kann also durch eine Steigerung seines Einkommens auch seine Zufriedenheit steigern, dies gilt allerdings offenbar weniger, wenn alle Einkommen gleichzeitig steigen.

 

Wenn man sich das so überlegt, und diese Überlegungen basieren auf fundierten Forschungsergebnissen von Jahrzehnte währenden Studien (vgl. Scitovsky, T.: Psychologie des Wohlstands, jeweils aktuelle Fassung), will man zunächst vielleicht bei den meisten Projekten gar nicht mehr mitmachen. Denn was hat meine Mühe für einen Sinn, wenn die Leute nicht glücklicher werden.

 

Dennoch: Wenn Krankenhäuser fehlen, wäre man doch dafür, welche zu bauen, auch wenn der Großteil der Bevölkerung dadurch nicht glücklicher wird.

 

Für mich ist Entwicklungshilfe dann sinnvoll, wenn sie dem einzelnen seinen Handlungsspielraum durch Angebote erweitert. Er kann diese Angebote dann bei Bedarf wahrnehmen oder auch nicht. Wichtig ist hierbei die Basis der Freiwilligkeit, wobei sich die Entscheidungsfreiheit als solche bereits unmittelbar auf die Lebensqualität auswirkt. (Freiheit ist eine Voraussetzung zum Glücklichsein). Dieses Kriterium wird naturgemäß eher von kleinen Projekten erfüllt. Große Projekte beeinflussen nämlich das Leben der Menschen in der Umgebung, ob sie es wollen oder nicht. Das geschieht meistens direkt, wenn nicht, dann spätestens durch seine externen Effekte:

 

Das größte Bewässerungsprojekt sind die Narmada Staudämme in Indien.

Das Staudammprojekt im Westen Indiens soll bei Projektende um das Jahr 2030 herum aus 30 Haupt- und 135 Nebenstaudämmen, sowie 3000 kleineren Stauanlagen bestehen. Projektziel ist die Versorgung von 40 Millionen Menschen und Industrieanlagen mit Trinkwasser und Elektrizität. Außerdem soll die Feldbewässerung sichergestellt werden. In dem Gebiet grenzen vier Staaten Indiens aneinander.

 

Die Weltbank hat knapp 800 Millionen Dollar für die bis zu  145 Meter hohen Hauptstaudämme Sardar Sarovar und Narmada Sagar bereitgestellt, wobei zunächst 1,7 Millionen Menschen aus dem zu überflutenden Gebiet vertrieben werden mussten.

Ein gängiges Land –Tausch-Verfahren war hierbei vorgesehen wobei Landbesitzlose nicht berücksichtigt werden konnten, weil ihre traditionell begründeten Ansprüche auf Ländereigentum nicht vom indischen Recht anerkannt werden. Aber auch die Verträge mit den übrigen Bewohnern wurden missachtet und schließlich nur 8 von knapp 250 Dörfern in einer anderen Region neu aufgebaut. Entgegen allen Warnungen, internationalen Protesten und Umweltgutachten will die Weltbank als Finanzier das Projekt fortsetzen.

 

Wenn man so etwas kennt, ist Paramita als Gegensatz vorbildlich: Sämtliche Projekte dort sind kleinere Einzelmaßnahmen, die aufgrund der Initiative ihrer selbständigen, ortsansässigen Betreiber in Eigenregie ins Leben gerufen worden sind. In der ganzen Region gab es kaum Projekte, die im herkömmlichen Stil von oben oktroyiert waren. Aber eines habe ich doch gefunden:

Ein Staudammprojekt, das von außen an ein Indianerdorf herangetragen wurde, damit die Bewohner - traditionell an Marktfruchtbau gewöhnt - dort einen Fischzuchtbetrieb aufziehen. Dazu hatte aber niemand Lust und nun steht dort, mitten im Busch ein Staudamm dessen offen stehende Stautüren das Wasser ungehindert passieren lassen. Aber das Areal dient den Kindern als Abenteuerspielplatz.

 

Überhaupt sind die Menschen in der Region, viele davon noch rein aztekischer Abstammung, sehr konsequent: Was keinen zusätzlichen Nutzen bringt, wird unterlassen. Das ökonomische Verständnis diesbezüglich ist sehr ausgeprägt und wird selbstbewusst vertreten, auch gegenüber aufdringlichen Regierungsvertretern. Respekt muss sich der Fremde erst verdienen, mit guten Ideen, Vorträgen oder Modellprojekten, die den Bewohnern nutzen. (Dazu kann auch ein hübscher Springbrunnen am Dorfplatz gehören.)

Der Umstand allein, über mehr Geld als die Einheimischen verfügen zu können, beeindruckt gar nicht (mehr). Und jemand, der unverhältnismäßig auftritt, wird belächelt. Das wäre auch bei uns so, dabei spielt die Nationalität des Lächerlichen keine Rolle.

 

Alle Projektgestalter genießen ihrer Meinung nach großes Ansehen im Maßnahmegebiet. Müssen sie ja auch. Doch warum sollte man bei den Leuten im Ausland besser ankommen als bei den eigenen zu Hause? Wahrscheinlich vermischt sich hier die Realität mit dem Wunsch des Vaters der Gedanken. Ansehen, Anerkennung, Respekt und dergleichen hängen nur von der eigenen Kompetenz ab, das gilt überall. Und viele Leute wollen etwas sein, die wenigsten was werden (, besonders nicht dann, wenn es darum geht, sich zunächst selber zu entwickeln).“